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Das Denkmal der grauen Busse im Zentrum für Psychiatrie Reichenau

16. Oktober 2014 bis 20. Mai 2015

Eindrücke - Beiträge - Rückmeldungen - „Was bleibt“

 

Von Oktober 2014 bis Mai 2015 stand der „Graue Bus“ an zentraler Stelle im Zentrum für Psychiatrie Reichenau. Der in Beton gegossene Bus erinnerte durch seine Präsenz an die insgesamt 11 Transporte, die zwischen Mai 1940 und Februar 1941 529 Menschen aus der damaligen Heil- und Pflegeanstalt abtransportierten und von denen vermutlich 508 Menschen in den Vernichtungsanstalten Grafeneck und Hadamar getötet wurden.

 

Das Aufstellen des Denkmals des „Grauen Busses“ im Zentrum für Psychiatrie Reichenau rief eine spürbare Resonanz hervor. Allein schon aus dem täglichen Sehen, im Vorbeigehen, Vorbeifahren, im Warten auf die Abfahrt des Busses, genährt durch das Begleitschild, das einen Busfahrplan vermuten ließ, ergaben sich Diskussionen direkt vor oder im Umfeld um den Grauen Bus.

 

Darüber hinaus thematisierten unterschiedliche Veranstaltungen, wie Vorträge und Führungen, die Zeit der Abtransporte von Menschen aus den Psychiatrien in der Nazi-Zeit. Patienten und Bewohner fragten sich, was womöglich aus ihnen geworden wäre, wenn sie in der Zeit des Nationalsozialismus gelebt hätten, Angehörige und Mitarbeiter ihrerseits, wie sie wohl zu dieser Zeit gehandelt hätten.

 

Das abschließende Theaterstück mit dem Titel: „Was bleibt“ stellte Fragen zur Würde des Menschen, suchte nach Antworten und stellte szenisch die seinerzeitige Hilf- und Ratlosigkeit dar, vermittelte jedoch auch Hoffnung darauf, dass die Menschen der Gegenwart etwas aus den Untaten der Vergangenheit gelernt haben dürften. Patienten und Bewohner, Bürger der Gemeinde, Mitarbeiter der psychiatrischen Kliniken, eine Schulklasse aus Konstanz und ein Lehrer entwarfen unter theaterpädagogischer Begleitung dieses aufrührende Theaterstück, das zur „Abreise“ des Grauen Busses aufgeführt wurde.

 

„Was bleibt“ wirft Fragen auf, die auch nach über 70 Jahren nur individuell beantwortet werden können. Auch in Zukunft werden sich vergleichbare Situationen ergeben, die man mit dem Wissen um die Vergangenheit besser zu meistern hofft. „Was bleibt“ heißt zugleich, dass das Menschenrecht niemals relativiert werden darf, dass jeder Mensch, ungeachtet eines Handycaps, seine Menschenrechte behält und nicht zu einer „Ballastexistenz“ herabgewürdigt werden darf, so groß auch die Not sei.

 

 

 

 

 

 

 

 

Theaterstück "Was bleibt?" - zur Verabschiedung des Denkmals am 19. Mai 2015
Die Schluss-Szene wurde am 20. Mai 2015 während des Abbaus, der Verladung und Abreise des Denkmals nochmal
gespielt und ist hier als Video-Clip zu sehen: VIDEO - "Was bleibt?"
 
 
Theatergruppe des ZfP Reichenau und des Alexander-von-Humboldt-Gymnasium Konstanz
 
Das Denkmal im Zentrum für Psychiatrie Reichenau.
 

Zwischen dem 7. Mai 1940 und dem 21. Februar 1941 wurden in 11 Transporten insgesamt 529 Menschen aus der damaligen Anstalt abtransportiert, von denen 508 Menschen in den Vernichtungsanstalten Grafeneck und Hadamar umgebracht wurden. Die Transporte wurden in unterschiedlicher Personenanzahl durchgeführt; so wurden am 17. Juni 1940 bei einem Frauentransport 91 Frauen nach Grafeneck gebracht. Der insgesamt kleinste von den vorgenommenen Transporten fand statt am 01. Februar 1941 mit vier Frauen. Es waren die letzten in einer Sonderaktion in allen Anstalten gesuchten jüdischen Patienten. Der Holocaust des jüdischen Volkes hat, und dies ist sicherlich Vielen unbekannt, bereits 1940 in den Gaskammern der „Aktion T4“ – Massenmord mittels Vergasung – begonnen. Der damalige Anstaltsdirektor hatte während der Abtransporte bei hochgestellten Persönlichkeiten versucht, Transporte zu stoppen, dies bekanntlich ohne Erfolg.

 

In der Anstalt bei Konstanz wurde am 02. April 1941 eine nationalpolitische Erziehungsanstalt (Napola) für Jungen eingerichtet, die bis zum Kriegsende 1945 einen Großteil der Gebäude im Psychiatriegelände nutzte. Erst in den letzten Wochen des II. Weltkrieges wurden, wie auch an anderen Orten in öffentlichen Gebäuden, Lazarette in Gebäuden der Reichenau eingerichtet. Die damalige Anstalt wurde danach von den Franzosen als Kriegslazarett genutzt. Ebenso wurden Flüchtlinge untergebracht und die Häuser dienten teilweise als Erholungseinrichtung, bis am 01. Dezember 1949 die Psychiatrie wiederum offiziell eröffnet werden konnte.